Tschechische Umweltverbände von Europäischer Kommission ignoriert


Zitat aus Der Rabe Ralf, August/September 2004, S.19:

Aus für die Schiene

Klage gegen Einstellung der "Rollenden Landstraße" zwischen Sachsen und Tschechien

Mehrere Bürgerinitiativen aus Nordtschechien und Sachsen klagen ihre Regierungen vor dem Europäischen Gerichtshof in Strasbourg an. Es geht um die Unterbrechung des Betriebs von RoLa (Rollende-Landstraße) - Zügen. Diese Züge transportieren Lastkraftwagen und entlasten so die Straßen.

Das tschechische Verkehrsministerium und das sächsische Wirtschaftsministerium hatten Ende vorigen Jahres versprochen, den Lkw-Transport über die Schiene erst zu stoppen, wenn die Autobahn D 8 von Prag über Ústí nad Labem nach Dresden fertiggestellt ist. Verkehrsminister Milan Schimonovský hat im Mai angekündigt, daß die RoLa-Züge spätestens im August diesen Jahres aufhören zu fahren. Die D 8 soll erst im Jahr 2006 fertig werden.

Das tschechische Verkehrsministerium dachte zwar zunächst darüber nach, die RoLa-Züge weiterhin fahren zu lassen, die sächsische Regierung ist aber dagegen. Sie ist nämlich der Hauptfinancier dieser Schienentransporte.

"Nach dem Beitritt Tschechiens in die EU ist der Verkehr in Dubí um 30 Prozent gestiegen, die Transitstrecke E 55 kann man deswegen in der Stadt kaum überqueren", sagt die Bürgermeisterin von Dubí, Ilona Smítková. Die Einwohner der Grenzregionen beschweren sich über Lärm, Gestank und steigende Unfallgefahren.

Die RoLa-Züge fahren seit September 1994. Bis jetzt wurden sie von ungefähr 832 000 Lkw benutzt. So konnten täglich über 330 Lkw in beiden Richtungen abgefertigt werden.

Seit Mai werden die Lkw nur im begrenzten Umfang auf der Schiene befördert. Statt ursprünglich zwei Dutzend Zügen fahren jetzt lediglich acht am Tag. Dabei wurde der Fahrpreis um 40 Prozent gesenkt. "Das Interesse der Transportfirmen an der Beförderung der Lkw über die Schienen ist trotzdem minimal", sagt Pavel Schpráchal von der Bohemiakombi-Gesellschaft, die den Transport vermittelt. Nach der Beseitigung der Zollbarrieren am 1. Mai sind die langen Wartezeiten an den Grenzen nämlich weggefallen und damit ist der große Vorteil des Schienenverkehrs verschwunden.

Auch der Ausbau der Autobahn D 8 (Prag - Dresden) ist in Tschechien ein großes Problem. Sie soll nämlich durch Naturschutzgebiete - das Böhmische Mittelgebirge und den Naturpark Erzgebirge - führen.

Auf dem Spiel stehen viele wichtige und wertvolle Ökosysteme. Bedroht sind zahlreiche Moore und Wiesen, wo bedeutende und seltene Pflanzen- und Tierarten ihre Heimat haben. Die tschechischen Umweltverbände kämpfen gegen die Vernichtung dieser Artenvielfalt. Zwar akzeptieren sie den Ausbau der Autobahn D 8, bevorzugen aber eine alternative Streckenführung oder einen Tunnel unter dem wertvollsten Teil der Naturschutzgebiete. Ihre Vorschläge werden aber von der tschechischen Regierung und der Europäischen Union, die das Projekt mitfinanziert, konsequent ignoriert.

Kveta Schimková


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