Mü. KARLSRUHE, 5. November. Vor dem Bundesverfassungsgericht ist am Dienstag darüber gestritten worden, inwieweit Rückmeldegebühren für Studenten mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Mehrere Studierende aus Baden-Württemberg hatten erfolgreich Verwaltungsgerichte angerufen: Der Verwaltungsgerichtshof des Landes hielt die Rechtsgrundlage im Universitätsgesetz von 1997 für gesetzwidrig und legte es dem Verfassungsgericht vor. Nach dem Gesetz ist für die Immatrikulation und die Bearbeitung der Rückmeldung eine Gebühr von 100 Mark zu entrichten. Wer nicht zahlt, wird exmatrikuliert. Die Studenten halten es f�r einen Verstoß gegen die Finanzverfassung, ein Entgelt zu verlangen, das ihrer Ansicht nach die Kosten f�r die Rückmeldung weit übersteigt. Der Gesetzgeber müsse sich an den tatsächlichen Kosten orientieren. Er dürfe nicht ein Entgelt f�r die Rückmeldung verlangen, wenn es im Grunde um eine Studiengebühr gehe.
Der baden-württembergische Wissenschaftsminister Frankenberg (CDU) gab zu, daß der Grund für die Gebühr die schlechte Haushaltslage war. Wäre sie nicht erhoben worden, hätten die Universitäten an anderer Stelle sparen müssen. Das Land wies vor dem Zweiten Senat darauf hin, daß auch Berlin, Brandenburg und Niedersachsen zu diesem Mittel gegriffen hätten. Knapp 40 Millionen Mark nahm Baden-Württemberg 1997 durch die Rückmeldegebühr ein.
Da der Gesetzgeber Gebühren nur aus sachlichem Grund erheben darf, stellte sich in Karlsruhe die Frage, welche Gegenleistung die Studenten erhalten. Nach Frankenbergs Worten handelt es sich um einen "moderaten Solidarbeitrag", von dem die Studenten auf vielfältige Weise profitierten; etwa durch die Asta-Geschäftsstelle, die Prüfungsämter, Auskünfte und weitere zahlreiche Vergünstigungen wie das Semesterticket und verbilligte Eintrittspreise für öffentliche Einrichtungen. Der Hochschullehrer Friauf, der das Land vertrat, hob hervor, es handele sich um eine Zahlung für die vielf�ltigen Leistungen in konzentrierter Form. Schließlich könne man nicht bei der Gewährung einzelner Leistungen mit der Sammelbüchse jeweils einige Euro kassieren.
Verfassungsrichter Mellinghoff fragte, ob man nach Ansicht des Landes etwa auch eine Rückmeldegeb�hr von 5000 Euro pro Semester erheben k�nne. Schließlich könne man auch argumentieren, die Professoren müßten davon auch bezahlt werden. Wo die Grenze liege, wollte der frühere Richter am Bundesfinanzhof wissen. Friauf entgegnete, 5000 Euro seien wohl tatsächlich "exzessiv". Eine derart hohe Gebühr hätte einen "grundrechtswidrigen Abschreckungseffekt" zur Folge.
Ein Vertreter des Landesrechnungshofes konnte keine exakten Angaben �ber die tatsächlich anfallenden reinen Kosten f�r die Räckmeldung machen, da es dazu keine detaillierten Erhebungen gebe. Der Verwaltungsgerichtshof war von acht Mark (statt der erhobenen hundert) ausgegangen. Die Vertreter des Landes sprachen am Dienstag von etwa 120 Mark je Student und Semester.
Um
Studiengebühren ging es in diesem Verfahren nicht. Doch auch damit
werden sich die Verfassungsrichter womöglich künftig befassen müssen,
denn gegen das vom Bund ausgesprochene Verbot von Studiengebühren haben
unionsgeführte Länder ihren Widerstand angekündigt.