Unterschriftenaktion

Gegen übermäßige Bebauung westlich der S-Bahn-Strecke Priesterweg - Südende.

Bereits fünfhundert Unterschriften gesammelt.

21. Oktober 2003

Wir wohnen in der Nähe des Insulaners, westlich der S-Bahnstrecke Priesterweg-Südende. In den letzten zehn Jahren wurde und wird in unserer Gegend viel gebaut, und zwar in einem Maße, das uns erschrecken läßt. Es findet hier eine geradezu systematische Verbauung von Gartengrundstücken statt.

Die Art und Weise der Bebauung, was die Flächennutzung und die Architektur angeht, trägt deutlich die Handschrift der Profitmaximierung. Die neuen Häuser wirken dominant, teilweise sogar protzig und passen sich stilmäßig überhaupt nicht in die bereits bestehende Gebäudelandschaft und schon gar nicht in die Naturlandschaft ein.

Abbildung: Flächen, die zwischen 1990 und 2005 bebaut wurden, sind hier rot übertüncht. Bei diesen Flächen handelte es sich zu circa 95 Prozent um Gartenflächen, zu circa 3 Prozent um unversiegelte Wege und Parkflächen und nur zu circa 2 Prozent um bereits zuvor versiegelte Flächen.
(Aufnahme per Satellit, Mai 2010, © 2010 Digital Globe, GeoContent, AeroWest, GeoEye)

Und dabei bilden die Gartengrundstücke seit je her zusammen mit dem Insulaner ein wunderbares Ökosystem, in dem sich zahlreiche Tier- und Pflanzenarten aufhalten und in dem eine Anzahl alter Bäume stehen, eine Insel, umgeben von Haupt- und Durchfahrtsstraßen. Zwar stehen die Gartengrundstücke nicht unter Schutz, doch sind sie unentbehrlich für die Wildquerung und haben natürlich auch gute Wirkung auf das Klima.

In der Grabertstraße wurde ein Mehrfamilienhaus gebaut, das nicht in die Gebäudelandschaft paßt. Es ist der Architektur des Hauses anzusehen, daß es nur darum ging, möglichst viele Wohnungen auf dem Grundstück zu bauen. Ähnlich verhält es sich mit einem Haus in der Gurlittstraße.

Die rücksichtslose, rein monetär ausgerichtete Landschaftsverplanung führt zu einer Verminderung der Lebensqualität und zu einer Vernichtung von Lebensraum für Tiere und Pflanzen und, damit einhergehend, zu einer erheblichen Erhöhung der Wohndichte.

Allein auf dem Paresü-Grundstück direkt am S-Bahnhof Südende wurden 51 von 95 Bäumen dem Bauwahn geopfert! Dort wurde ein neuer Lidl-Markt gebaut, der Anfang des Monats eröffnet wurde. Herr Böhme vom Lidl-Expansionsbüro führte uns an der Nase herum: Von wegen es würden Ersatzpflanzungen von Bäumen stattfinden und Grünflächen angelegt werden! Mehrmaligen Bitten um schriftliche Bestätigung seiner falschen Versprechungen kam Hr. Böhme wohlweislich nicht nach. Stattdessen setzte er den Anwalt seines Unternehmens auf uns an.

Die Bezirksregierung mag auf die bald zu erwartenden Steuereinnahmen aus Hausverkäufen und Einzelhandel schielen. Langfristig aber wird dies auch finanziell dem Bezirk schaden. Weil nämlich die Gutbetuchten mangels Lebensqualität wegziehen werden.

Es stehen Neubauvorhaben auf einem Gelände am Karl-Fischer-Weg an, auf dem sich zur Zeit noch (seit dem Verkauf verwahrloste) Kleingärten befinden.

Wir haben bereits Bauunternehmer, Politiker und Behörden kontaktiert und unseren Protest zum Ausdruck gebracht.

Angesprochen wurden Baustadtrat Hr. Stäglin (SPD), Hr. Dannenberg (Bauamt), Hr. Schaumann (Bauamt), Hr. Grünberg (Natur- u. Grünflächenamt), die Abgeordnete Fr. Hertlein (SPD), Hr. Künast (FDP), Herr Hampel (Bündnis 90/ Die Grünen) sowie die Bezirksverordnetenversammlung.

Unsere Bemühungen blieben jedoch bisher ohne Erfolg, teilweise sogar unbeantwortet. Vom Bauamt wurden wir darauf hingewiesen, daß die Vergabe der Baugenehmigungen rechtmäßig gewesen sei.

Wir haben aber die Befürchtung, daß die Bauunternehmer, was geschützte Bäume, die ihnen im Weg stehen, anbelangt, vollendete Tatsachen zu schaffen bereit sind.

Ein täglich von Kindern genutzter Spielplatz wurde vernichtet und an seiner Stelle Einfamilienhaus gebaut.

Wir brauchen dringend Hilfe gegen die endlose Grünzerstörung. Ein großer Teil der Gartengrundstücke wird wohl verbaut bleiben. Es sollten aber keine weiteren Baugenehmigungen erteilt werden!

Unterschriftenaktion gegen die übermäßige Bebauung des Gebiets westlich der S-Bahn-Strecke Priesterweg-Papestraße, Grabertstr. 3, 12 169 Berlin



Zweifelhafte Aussage des Baustadtrats

Zitat aus Berliner Wochenblatt, 6. August 2003, S.1:

Alte Eiche wurde gestutzt

Baustadtrat Stäglin beruhigt Anwohner: "Wir haben nur eine Gefahrenstelle beseitigt"

Steglitz. Der Ärger in Südende nimmt kein Ende: Zuerst fällt der Vorhang für das traditionsreiche Parkrestaurant. Im zweiten Akt werden für den fast fertigen Supermarkt und seinen Parkplatz auf dem Paresü 51 von 95 Bäumen gefällt.

Direkt neben dem im Rohbau fertiggestellten Parkplatz mit Supermarkt entdeckten nun Anwohner, daß eine 250 Jahre alte Eiche gestutzt wurde. "An dem Baum auf dem sogenannten Hambuttenpfuhl wurden zwei riesige Äste in etwa acht Meter Höhe geschlagen und zerlegt", ärgert sich Anwohner Peter Bartke. Er hält diesen Vorgang für eine rechtswidrige Handlung des Eigentümers, weil der Baum einem weiteren geplanten Bauvorhaben im Weg stünde. "Offenbar steht nun der nächste Kahlschlag ins Haus", vermutet Bartke.

Der zuständige Baustadtrat Uwe Stäglin (SPD) widerspricht dieser Darstellung: "Es gibt noch keinen Bauantrag für den Hambuttenpfuhl." Die große Eiche hätte im Juni bei einem Sturm Schaden genommen und einige Starkästen seien ausgebrochen. "Das ist keine bauvorbereitende Maßnahme, sondern die notwendige Beseitigung einer Gefahrenstelle. " Außer der alten Eiche stünden am Hambuttenpfuhl weitere geschützte Bäume wie eine Ulme und ein Ahorn, die allesamt erhalten bleiben, so Stäglin.

Anwohner Peter Bartke gibt sich mit dieser Antwort des Stadtrats nicht zufrieden. Der Hambuttenpfuhl ist ein brachliegendes Stück, das seit Jahrzehnten sich selbst überlassen wurde: Hier gibt es ein kleines Wäldchen, den namensgebenden Pfuhl und schmale Trampelpfade. "Warum wird eine Gefahrenstelle beseitigt, wo eigentlich keiner langläuft?", wundert sich Bartke. Das plötzliche Interesse mache ihn sehr stutzig.
dut


Nachtrag, 4. Oktober 2004

Zur Zeit werden die besagten verwahrlosten Kleingartengrundstücke mit mehreren Familienhäusern bebaut - mit Baugenehmigung. Sämtliche Obstbäume und Sträucher wurden beseitigt. Von der unversiegelten Fläche ist nur ein Bruchteil geblieben.



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