"Rettet das Uckermärker Platt!"


Zitat aus Berliner Morgenpost, 11. Dezember 1999, S.34:

Rettet das Uckermärker Platt!

Sprachforscher warnt: Der Dialekt droht auszusterben

balu/dpa Prenzlau - "Geihst du Bäsing plücken, peeken di de Mücken" - Gehst du Blaubeeren pflücken, pieken dich die Mücken. Immer weniger Menschen zwischen Strasburg in Mecklenburg-Vorpommern und Angermünde in der Uckermark verstehen auf Anhieb, wenn Nachbarn auf der Dorfstraße oder im Laden Uckermärker Platt sprechen. Oder wissen Sie, daß "Karwiczen" Kürbisse und "Schlöpendriewer" Schürzenjäger sind?

"Nur 10 000 bis 15 000 von rund 155 000 Uckermärkern können noch Platt sprechen und die Mundart zur Alltagskommunikation verwenden", berichtet der Dialektforscher Eberhard Krienke aus Prenzlau. Seit fast zehn Jahren arbeitet er daran, diesen Trend zu stoppen und die jahrhundertealte Mundart mit der typisch norddeutschen Klangfarbe zu retten. Der 77-jährige und gleichgesinnte Sprachbewahrer haben seit 1992 in 125 Orten der Uckermark und Teilen Mecklenburg-Vorpommerns Menschen befragt, um die Situation des Uckermärker Platt zu erkunden. Die umfangreiche Sammlung ihrer Feldstudien beherbergt seit Herbst 1998 die "Zentralstelle für Sprache und Literatur in der Uckermark", die im Dominikanerkloster Prenzlau untergebracht ist.

"Derzeit wird das Plattdeutsche nur noch als Umgangsprache von Älteren genutzt", resümiert Krienke. Wennn sich dieser Trend fortsetze, sterbe das Uckermärker Platt langsam aus. "Die über Jahrhunderte funktionierende Weitergabe der Sprache von Generation zu Generation gibt es nicht mehr." Viele Menschen empfänden das als Identitätsverlust und als Verlust wichtiger Teile der regionlan Kulturgeschichte. Der Erhalt des Uckermärker Platt als gesprochene Sprache ist wegen seines Kulturwertes für ihn "mehr als eine nostalgische Rückbesinnung".

Noch lebt das Uckermärker Platt, auch als Literatursprache. Autoren wie Günter Schmedemann, Annemarie Giegler, Heinz Pantzier oder Margrit Mandelkow schreiben im Dialekt. Auch andere haben sich den Erhalt von Brauchtum und des Plattdeutschen auf die Fahnen geschrieben. Dazu gehört zum Beispiel die Mundartgruppe "Adbeernest" (Storchennest).

Die Rettung des Plattdeutschen ist für Krienke keine Utopie. Schließlich hat Deutschland 1998 die Europäische Charta zum Schutz der Regional- und Minderheitensprachen ratifiziert. "Es müssen Mittel bereitgestellt werden, daß auch Nichtpädagogen an den Schulen zum Erhalt der Mundart tätig werden können", fordert er.


Zurück